Große Koalition in Kiel gescheitert

Nossi

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Von wegen Sommerloch: In Kiel will die CDU heute im Schleswig-Holsteinischen Landtag das Ende der Koalition mit der SPD einleiten. Die Fraktion der Christdemokraten bringt einen Dringlichkeitsantrag ein, mit dem eine Abstimmung über die Auflösung des Parlaments am Freitag ermöglicht werden soll. Ziel sind Neuwahlen am 27. September, dem Tag der Bundestagswahl. Dieses Vorgehen hatte die CDU-Fraktion am Mittwochabend auf Vorschlag von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen beschlossen. Die mitregierende SPD stellt sich dagegen quer: Seine Partei werde eine Auflösung des Landtages geschlossen ablehnen, kündigte Fraktionschef Ralf Stegner an. Die SPD werde Carstensen dafür "nicht die Hand reichen", sagte Stegner heute im ARD-"Morgenmagazin". "Der Ministerpräsident kann ja zurücktreten."
http://www1.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/koalition118.html

Tja, was sagt ihr zu den Geschehnissen im Norden ?

Nach allem was man so hört sieht es so als, als wolle die CDU Neuwahlen, die SPD ist jedoch strikt dagegen. Jedoch weigert sich die CDU (und deren Ministerpräsident), die Vertrauensfrage zu stellen oder zurück zu treten.

Meiner Meinung nach ist dies mal wieder ein fürchterlich Ränkespiel, dass typisch ist für die Politik. Die CDU sieht die allgemeine Schwäche der SPD und rechnet sich mit verfrühten Neuwahlen, die schon für den Tag der Bundestagswahl angedacht sind, große Chancen auf eine stärkere (vielleicht die Absolute ?) Mehrheit aus.

Gleichzeitig kann man der SPD den schwarzen Peter zuschieben in dem man behauptet, durch das Querstellen würde die SPD das Land unnötig lähmen. Ich habe gestern im Fernsehen ein Interview gesehen mit einem Kieler Politiker, welcher dies als "Kindergartengehabe der SPD" bezeichnete, sich an die CDU zu klammern, wenn die CDU die Koalition nicht mehr will.

Bezeichnend finde ich wie schon genannt die Tatsache, dass der Ministerpräsident die Vertrauensfrage nicht stellen will, da er dadurch seine eigene Position und natürlich die Gunst der Wähler erheblich schwächen würde. Dies sieht für mich nicht so aus, als würde es der Koalition so schlecht gehen, wenn man immer noch Anspruch auf sein Amt erhebt, wie Castensen das tut.

Klartext: Die CDU versucht mit unlauteren Mitteln die SPD aus der Regierung zu drängen.
Interessant ist es, dass sie es trotzdem schafft es in der Öffentlichkeit so hinzudrehen, als wäre die SPD der Sündenbock.

Jedoch komme ich nicht aus Schleswig Holstein und bin demnach nicht sonderlich informiert wie die Landespolitik in der Vergangenheit so abgelaufen ist. Ich habe von andauernden Problemen zwischen Carstensen und Stegner von der SPD gehört, welche wohl die Ursache für die ganze Geschichte sein soll.

Vielleicht kann mal jemand aus Schleswig Holstein erklären, ob es dazu noch mehr Fakten gibt, die man aus den überregionalen Medien nicht so mitbekommt, oder ob es sich tatsächlich so darstellt, dass die CDU nur mal wieder den Braten gerochen hat um die eigene Position zu festigen und dies nun versucht gegen das Wohl des Landes durchzuknüppeln.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich sehe das auch im wahltaktischem Kontext:

Die reguläre Landtagswahl steht Mai 2010 an. Zu dieser Zeit wird vermutlich eine Bundesregierung mit CDU-Beteiligung in Berlin regieren. Diese wird ebenso vermutlich entgegen blumiger Wahlversprechen bereits erste Maßnahmen zur Finanzkonsolidierung umgesetzt haben: MwSt-Erhöhung, Erhöhung Beitrag Arbeitslosenversicherung usw. Das wird auch auf eine Landtagswahl durchschlagen.

Unausgesprochen wird sich das auch die Kieler SPD denken. Nur ist eine Regierungsbeteiligung der Bundes-SPD nach der Bundestagswahl nicht ganz so gesichert und man kann ggf. als liebe Bundesopposition gegenüber der dann "Lügen-CDU" punkten. Deswegen wird die Fraktion einer Auflösung des Kieler Landtages nicht zustimmen.

Aber, liebe Mus...äh...Schleswig-Holsteiner :D, das ist nicht die erste Regierung, die sich primär mit sich selbst beschäftigt...
 
Kla isses Wahltaktik.

Bezeichnend dass sich die SPD vor NeuWahlen fürchtet.
 
Am besten man führt jährliche Wahlen ein, dann haben die weniger Zeit für ihr Geplänkel.
 
LeChris hat es bereits gut getroffen.

Die CDU in Schleswig-Holstein weiß, dass die Bundes CDU wohl siegen wird im September, aber das dicke Ende kommt erst dann (danach), in Form von massiven Steuererhöhungen.
Im Mai 2010, schauts dann für die CDU in Schleswig-Holstein natürlich bitter aus, und die aktuell schwache SPD, könnte deutlich dazugewinnen.
 
DugDanger schrieb:
Bezeichnend dass sich die SPD vor NeuWahlen fürchtet.
Bezeichnend, dass die CDU gerade dann auf Neuwahlen pocht, wenn sie sich in einer besonders guten Ausgangslage wähnt. ;)

Wie von LeChris schon geschildert:
Die reguläre Landtagswahl steht Mai 2010 an. Zu dieser Zeit wird vermutlich eine Bundesregierung mit CDU-Beteiligung in Berlin regieren. Diese wird ebenso vermutlich entgegen blumiger Wahlversprechen bereits erste Maßnahmen zur Finanzkonsolidierung umgesetzt haben..
...
Unausgesprochen wird sich das auch die Kieler SPD denken. Nur ist eine Regierungsbeteiligung der Bundes-SPD nach der Bundestagswahl nicht ganz so gesichert und man kann ggf. als liebe Bundesopposition gegenüber der dann "Lügen-CDU" punkten.
Da geben sich momentan beide großen Parteien wohl nicht viel, außer weiter zur Politikverdrossenheit beizutragen und die Leute von den Wahlurnen wegzubringen. Zu offensichtliches partei-politisches Kalkül, zu geringes konsequentes Handeln...

Die ganze Posse erinnert mich dezent an die Landtagswahlen in Hessen. Gibt mit Sicherheit wieder großes Kino, wenn die Linken bei einer Wahl im September in den Landtag einziehen sollten und es dadurch keine Alternative zur großen Koalition gibt, weil es für Schwarz-Geld nicht reicht (sofern die SPD in Schleswig-Holstein nicht doch mit den Linken zusammenarbeiten würde, der Stegner scheint da ja recht offen zu sein).
 
Ich bin Kieler und erlebe die Koalition bereits seit langem als handlungsunfähig.

Neuwahlen sind mehr als nur überfällig. Der geplante Termin ist sehr geschickt gewählt, er verspricht eine größere Wahlbeteiligung.

Ohne damit (partei-) politisch Stellung beziehen zu wollen, so kann ich nur ganz klar sagen, dass ich anstelle des hiesigen Landesvorsitzenden P.H. Carstensen ebenfalls auf gar keinen Fall mein Mandat niedergelegt hätte und dies auf keinen Fall von ihm erwartet werden kann:

Es kann nicht sein, dass jemand, der eine politische Überzeugung durchsetzen möchte und von einer gleichstarken Opposition genau daran gehindert wird, dazu genötigt wird, sein Amt und somit die Durchsetzung seiner Überzeugungen niederzulegen. Dies entbehrt jeder Gerechtigkeit und vor allem jeder demokratischen Grundüberzeugung.

Neuwahlen sind hier überfällig.

Schade, dass wir Heide Simonis nicht mehr haben. Sie entsprach zwar als SPD-Politikerin nicht unbedingt meiner persönlichen politischen Überzeugung, hat aber gute Arbeit für Schleswig-Holstein geleistet. Auch ich hatte sie gewählt, obwohl sie nicht meiner politischen Zielsetzung entsprach.

Natürlich hat der Zeitpunkt der Forderung nach Neuwahlen durch die CDU auch strategische Gründe. Doch dieser hier den schwarzen Peter zuschieben zu wollen wäre schlichtweg der falsche Weg.

Im Übrigen: Weshalb sollte die CDU nicht das Recht haben, von der derzeitigen politischen Situation zu profitieren? Schließlich war nicht die CDU für den freien Fall der Sozialdemokraten (SPD) verantwortlich, sondern die schlechte Politik der SPD selbst.

Es ist zu beachten: Historisch ist der Aussenminister immer der beliebteste Politiker Deutschlands gewesen. Immer, bis auf heute: Heute steht Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Beliebtheit vor Frank Walter Steinmeier, unserem Aussenminister.

Die Schwäche der SPD hat nicht die CDU generiert. Die SPD verfügt einfach nicht über die "guten Leute", wie zB Wirtschaftsminister Guttenberg von der CDU. Auch derzeit vergessene Hochkaräter der CDU, wie zB Friedrich Merz, dürfen nicht vergessen werden.

An solchen Hochkarätern fehlt es der SPD derzeit. Auch wenn ich selbst kein SPD-Anhänger bin, so hoffe ich doch sehr, dass sie bald wieder ähnlich kompetente Menschen aufstellen können - das macht das politische Leben weitaus interessanter und differenzierter.


So long,
Dominion1.
 
@dominion1
Hochkaräter im Lügen und Betrügen, im Verarschen der Leute haben CDU und SPD zuhauf.
Die CDU verkauft ihre Leute geschickter, keine Frage.

Ich hab zb. so meine Bedenken, jemand wie Friedrich Merz als "Hochkaräter" zubezeichnen,
wenn ich mir den Verkauf der IKB an Lone Star anschaue.
Lone Star wurde von Friedrich Merz betreut und die Verkaufsbedinungen wurde so geschickt abgeändert, das kein anderer Bieter als Lone Star den Zuschlag erhalten konnte.
Lone Star hat dann die IKB für den sprichwörtlichen "Appel und Ei" erhalten.
Uns als Steuerzahler sind dabei gut 700 Millionen Euro entgangen, ganz großes Kino.

Und aus Guttenbergs "Drei-Mann-Unternehmen, dass das eigene Familienvermögen verwaltet", wurde in unseren Medien sofort "die Führung eine mittelständisches Unternehmens".
Die dpa hat diese "Ente" in die Welt gesetzt und ihre Kunden wie Spiegel, BILD ect. haben schön abgeschrieben.
Von Wirtschaft hat der Mann dabei keinen blassen Schimmer.

Das NDR Magazin Zapp hat hier besser gearbeitet, als der Rest der Medienbande.
(youtube) ZAPP - Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
 
@Andy

Es ist halt dahingehend bezeichnend, weil die SPD seit Jahren (einem Jahrzehnt) in einem Umfrageloch steckt.
Und das kommt ja nicht von ungefähr.
Die deutsche Sozialdemokratie hat sich eben überhaupt nicht erneuert, zugleich weiß der geneigte SPD Wähler überhaupt nicht wo sie steht; irgendwo im Niemandsland zwischen Linkspartei Links überhohlen und Agenda 2010.

Man kann auch viele negative Aspekte über Schwarz Gelb finden. Man kann deren Programm Punkte natürlich ablehnen, aber es ist eine klarere Linie zu erkennen als bei der SPD.

Die Geschichte der SPD in Kiel ist halt auch alles andere als Vorteilhaft. Simonis. Jetzt Stegner.

dominoin1 hat schon recht. Die SPD hat bald gar keine LEute mehr. Münte zu alt, Steinmeier wird im verlorenen Wahlkampf verheizt.
Wer kommt dann? Nahles? Wowereit?

Nee, da ist die CDU/CSU schon deutlich besser aufgestellt.
Das Steuerkonzept von Merz wurde bei uns im Steuerschwerpunkt als Beispiel für eine sinnvolle reformierung der Steuersystems herangezogen. Guttenbergs Verhalten im Fall Opel war absolut richtig und seine sonstigen Äußerungen im Bezug auf Wirtschaftspolitik haben auch Hand und Fuß.
Der Einzige der mir bei der SPD spontan einfällt ist Steinrück. Für die Schulden kann der am Aller Wenigsten
 
Zuletzt bearbeitet:
Fakt ist doch, daß der sehr geehrte Herr Stegner die gesamte bisherige Koalitionszeit wilde Sau mit Carstensen gespielt hat und ihn bei jeder nur denkbaren Gelegenheit anfeindete und versuchte lächerlich zu machen. Gut, das ist nichts ungewöhnliches unter politischen Gegnern. Allerdings passt solch ein Vorgehen nicht beim Koalitionspartner. Dann muß man sich schon mal entscheiden, ob man die Koalition fortsetzen oder den Koalitionspartner ständig öffentlich durch den Kakao ziehen will. Beides gleichzeitig funktioniert auf Dauer nicht. Mittlerweile ist doch das Schmierentheater in Kiel so weit gegangen, dass außer der SPD alle Fraktionen die Nase voll haben: Nicht nur die CDU, sondern auch Grüne, FDP, SSW...
 
Kein Wunder, dass die CDU Neuwahlen will. Bei einer wahl dürften Sie wohl ohne die SPD weiterregieren können. Das der Herr Stegner jede menge Mist verzapft hat, steht aber außer Frage, aber Carstensen ist in meinen Augen auch nicht grade unschuldig, wie es nach den letzten Geschehnissen aussieht. Profitieren dürften vorallem die kleinen Parteien bei einer Neuwahl.
 
DugDanger schrieb:
Bezeichnend dass sich die SPD vor NeuWahlen fürchtet.

ist doch logisch. wenn schwarz-gelb ab herbst regiert und die arbeitslosenzahlen einen sprung von sicher 500k leuten machen, dann werden alle schwarz-gelben regierungen in den ländern dafür abgestraft. die spd wird 2010 also sicher besser abschneiden, deshalb will die cdu schnell neuwahlen :)

an sich ist das ganze einfach nur ein bescheuertes theater, die gesetze, mit denen jetzt neuwahlen durchgesetzt werden, waren für solche situationen überhaupt nicht gedacht.
die parteien missachten selbst die demokratie (durch solche aktionen, aber auch die "diktatorischen" hierarchien innerhalb der parteien) und wundern sich darüber, dass es in deutschland eine demokratieverdrossenheit (nicht politikverdrossenheit) gibt.

das bester was schleswig-holstein passieren könnte, wäre dass diese "dänen-partei" 70% der stimmen bekommt, sh aus der brd austritt und sich dänemark anschließt...
 
Andy schrieb:
Bezeichnend, dass die CDU gerade dann auf Neuwahlen pocht, wenn sie sich in einer besonders guten Ausgangslage wähnt. ;)

hier in österreich ist das interessanterweise genau gleich (nur dass statt spd spö und statt cdu övp einzusetzen ist)

tollerweise sind sie die letzten male in bundesländern als auch bei NR-wahlen mit dieser masche ihren karren ordentlich in den sand gesetzt.
 
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